Dienstag, 7. Oktober 2014

07. Oktober 1989

In der DDR war der 7.Oktober ein Feiertag, einfach ein arbeitsfreier Tag ohne Verpflichtungen. Man wollte und sollte den 40. Geburtstag der Republik feiern. In Berlin gab es wieder eine Militärparade und Honecker und Gorbatschow saßen ganz vorn! 

Aber es gärte im ganzen Land und kaum einer hatte Lust zum Feiern. Man wartete. Auf irgendein Zeichen, irgendwas eben.



"Samstag,7.Oktober 89

Wir sind in Halle und bummeln durch die Stadt. Kurz vor Sechs rufen uns die Glocken der Marktkirche. Wir gehen hinein. Die Kirche ist sehr voll, aber wir sitzen. Neben uns, gut zuerkennen an den „unauffälligen“ Schneejeans, junge STASI-Leute. 
Kribbeln im Bauch. Wir hören zum ersten Mal seit Wochen die Wahrheit, nicht von ARD und ZDF, nein in Halle an der Saale in der DDR.

Nach der Andacht versammeln sich alle auf dem Kirchenvorplatz zwischen Treppe zum Hallmarkt und Obermarkt. Der „Halle-Basar“ ist noch nicht beendet, überall stehen noch Verkaufsbuden. Schweigend stehen wir da und harren der Dinge, die kommen könnten. Einige schreien jetzt: „Wir wollen raus.“ Die meisten Kirchenbesucher gehen langsam nach Hause. Wir sind aufgewühlt, laufen quer über den Markt in Richtung „Zum Roland“, wollen sitzen und reden. Überall Dreiergruppen STASI, wir sehen auch Polizei-LKW.
Während wir in der Gaststätte sind, kommt es auf dem Markt zu einer Konfrontation. Wir bemerken nichts, sind nur plötzlich die letzten Gäste und müssen durch den Hintereingang gehen. Draußen ist immer noch viel Polizei und vor allem STASI. Einige kenne ich und sie mich. Wir beobachten das ganze noch ein Weilchen. Es ist ziemlich ungemütlich.

 
Zu Hause dann die Fernsehbilder von Leipzig und Berlin. Da wurden Demonstanten zusammengeknüppelt. Die Meldung: „Auch in Halle gab es Zwischenfälle.“ 

Erschütternd. Nackte Gewalt gegen unbewaffnete Menschen. Aber die Wut ist schon zu groß! Schlagt uns zusammen, verhaftet uns! Es werden andere da sein. Irgendwann müssen Honecker und Konsorten doch begreifen, dass das Leben in diesem Land für uns nicht mehr lebenswert ist. Weglaufen oder verändern? Wir sind für hier bleiben und kämpfen.

Schluss mit Fackelmärschen und Paraden! Schluss mit Honeckers Reden. Auch in unserem Land gibt es intelligente Leute, die frei sprechen können und etwas zu sagen haben. Sie dürfen es aber bisher nur in den Westmedien."

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