Mittwoch, 24. September 2014

Ende September 1989



 

"Die Stimmung in der DDR wird immer mieser. Tausende sind schon gegangen,

Die Bilder aus Prag sind erschütternd! Die Zustände in den besetzten Botschaften katastrophal. Die DDR-Regierung muss handeln.

In einer Woche soll die Welt nach Berlin schauen. Auf die Jubelfeiern zum 40.Jahrestag.Deshalb muss etwas geschehen!


„Junge Welt“ vom 2.10.1989
„Humanitärer Akt

In dem Bestreben, die nicht von der Regierung der DDR herbei geführte unhaltbare Situation in den Botschaften der BRD in Prag und Warschau zu beenden, hat die Regierung der DDR nach Konsultationen mit den Regierungen der CSSR und Polens sowie mit der Regierung der BRD veranlaßt, daß die sich in diesen Botschaften rechtswidrig aufhaltenden Personen aus der DDR mit Zügen der Deutschen Reichsbahn über das Territorium der DDR in die BRD ausgewiesen werden. Der Vorgang vollzog sich auf Vorschlag der DDR- Regierung im Verlauf der Nacht vom 30.9.89 zum 1.10.89.“



Aber kaum war die Prager Botschaft geräumt, kamen bereits die nächsten Flüchtlinge. In kurzer Zeit sind erneut ca.10.000 Menschen in und vor der Botschaft. Die Bilder sind noch dramatischer und sie gehen um die Welt.

 Was ist das für ein Staat dem die Menschen weglaufen? In dieser Größenordnung?



Die Regierung leistet den Offenbarungseid und schließt die Grenze zur CSSR. Vorübergehend! 
Doch was ist in unserem Land schon vorübergehend? Keiner glaubt daran.



Und dann wird die Botschaft in Prag erneut geräumt. Die Menschen warten stundenlang in eisiger Kälte auf die Züge. Die nächste krasse  Fehlentscheidung:

Die Flüchtlinge fahren wieder über das Gebiet der DDR.

 Am 4.10. warten in Dresden Tausende vor dem Bahnhof auf die letzte Chance aus dem Gefängnis DDR auszubrechen. Polizeigrosseinsatz. Trotzdem kommt es zur erwarteten (oder geplanten) Eskalation. Der Bahnhof wird zerstört, viele Verletzte auf beiden Seiten. Hunderte Verhaftungen, darunter zahlreiche völlig unbeteiligte. 


Es reicht! Die Dresdner gehen auf die Straße.



In Leipzig gibt es schon seit Jahren jeden Montag Friedensgebete in der Nikolaikirche. ImSeptember 89 formieren sich nach den Gebeten die ersten Demonstrationen. Anfangs sind es Hunderte, die friedlich kundtun, dass sie hier bleiben wollen. Die STASI geht brutal gegen junge Frauen vor, junge Männer entreißen ihnen das Plakat. Als ich diese Bilder sehe, wird die Wut in mir so stark, dass ich mich jetzt engagieren muss!


Ende September und am 2.Oktober 89 sind es in Leipzig Tausende, die
demonstrieren und von Polizei und Stasi zusammengeknüppelt werden. Sie rufen „Wir sind das Volk!“ und „Wir bleiben hier.“

Auszug aus: Wer zu spät kommt.... von M.Richter



 

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