Sonntag, 10. August 2014

Wo ist den nur die Zeit geblieben?

Viel Zeit ist ins Land gegangen seit dem letzten Beitrag. Gute und schlechte Tage. Viele Dinge sind passiert und die Stunden werden immer kürzer.

Ist schon verrückt! Heute vor 25 Jahren begann eine Story in meinem Leben, deren Ende niemand für möglich hielt.

Am 10.August 1989, einem heißen, sonnigen Tag, fuhren wir mit der Deutschen Reichsbahn von Halle an der Saale nach Berlin. Wir, mein Lebenabschnittsgefährte und ich, hatten Urlaub und er einen Bekannten in Köpenick, der eine Ferienwohnung vermietete. Nur für ein paar Tage, aber so konnten wir doch mal intensiver die Stadt durchstreifen und Museen und den Fernsehturm usw, besichtigen.


"Am 10.August 1989 sind wir gerade am Bahnhof Friedrichstraße angekommen. Da stehen wir also und wundern uns, schon oben auf dem Bahnsteig, über die vielen Menschen da unten. Das ist für uns  Provinzler schwer zu begreifen, aber die stehn Schlange! Am Grenzübergang!

Unsere Koffer werden in ein Schließfach gepackt und dann bummeln wir auf der Friedrichstraße nach Norden. Rechts der neue Friedrichstadtpalast. Der macht schon was her! Auch  wirklich schöne neue Häuser wurden hier gebaut und es gibt noch reichlich  Baustellen. Wir wollen aber zur "Botschaft".

Jeden Tag haben wir Berichte im Fernsehen verfolgt. Ich wollte hier her, alles in Natura sehen. Ab heute ist die Ständigen Vertretung der BRD geschlossen, weil 116 DDR-Bürger dort Zuflucht gesucht haben, um ihre Ausreise zu erzwingen. In uns jeden steckt doch so ein bisschen der Spanner und auch wir suchen "Nervenkitzel". Aber es sieht alles normal aus. Es ist wenig Polizei zu sehen, aber ich bin mir sicher, dass jeder Passant und jeder Schritt beobachtet wird. Ich fotografiere die Eingangstür und das Schild, das dort hängt und dem unwissenden Bürger erklärt, warum geschlossen ist. Wir setzen uns gegenüber in das Cafe und beobachten die Szenerie eine Weile. Dann kommt ein Fernsehteam vom ZDF und wir verziehen uns lieber.
Laufen weiter in Richtung Mauer zum Übergang Invalidenstraße. Hier ist alles ruhig. Keine Menschenmassen wie am Bahnhof. Ein paar gelangweilte Grenzer stehen rum.
Plötzlich ist ein Gedanke in meinem Kopf, der sich schlecht wegschieben lässt. Nie, niemals, werde ich durch diese Mauer gehen können, auch als Rentnerin nicht. Ich habe niemanden im Westen! Keine Verwandschaft, Freunde gleich gar nicht.
Ich will zu den Grenzern gehen und sagen: "Hallo Jungs! Ich bin Mieke und mache hier Urlaub. Hier habt Ihr meinen Ausweis! Ich gehe mal eben auf dem Ku-Damm bummeln, sehe mir die bunte Seite der Mauer an und heute Abend bin ich wieder hier.“
Warum denn nicht ?

Er sagt: „Du bist völlig verrückt! Die sperren dich ein!“ Ja, er hat recht!  Aber auch Mühe mich davon abzuhalten. "Komm wir fahren erst mal zu unserer Herberge, trinken zwei, drei Bierchen und dann sieht die Welt schon wieder anders aus."

Gesagt, getan. Wir holen unsere Koffer aus dem Fach und machen uns auf den Langen weg nach Köpenick. Zuerst mit der S- Bahn und dann noch mit der Straßenbahn. Du meine Güte, die Leute wohnen aber wirklich jottwede. Doch der Empfang ist großartig und es wird ein schöner Abend."

Auszug aus: Wer zu spät kommt.... von M.Richter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen